6.Die deutsche Wirtschaft in einem technologiefeindlichen Umfeld
6.1 Das deutsche Bruttosozialprodukt zu Beginn 2021
Die Welt schreibt zum obigen Thema (20d):
„Auf Kritik an der Krisenbewältigung reagiert die Bundesregierung in diesen Tagen mit der immer gleichen Antwort. Deutschland sei vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen, andere Nationen stünden ökonomisch viel schlechter da.
Die Selbstdiagnose mag für den ersten Teil der Corona-Krise richtig sein, für die zweite Stufe der Pandemie, in der es darum geht, das Land für die Zukunft zu wappnen, gilt das offensichtlich nicht mehr. Da lässt sich die relative Schwäche Deutschlands in der Krisenbewältigung nicht mehr leugnen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat der Bundesregierung nun ein sehr schlechtes ökonomisches Zwischenzeugnis ausgestellt. Während die IWF-Experten in ihrer Frühjahrsstudie ihre Wachstumsprognosen für die meisten Länder kräftig angehoben haben, sind sie für Deutschland für dieses Jahr nicht besonders optimistisch.
Sie rechnen für 2021 mit einem Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von mageren 3,6 Prozent.
[…] bei der bloßen Wachstumszahl von 3,6 Prozent findet sich Deutschland im Flaggschiff-Report des IWF auf den hinteren Rängen wieder. Lediglich Japan trauen die Ökonomen mit einem Plus von 3,3 Prozent noch weniger Wachstum für dieses Jahr zu. […]
So soll das globale BIP in diesem Jahr sechs Prozent wachsen, so stark wie seit Beginn der IWF-Aufzeichnungen im Jahr 1980 nicht. Noch in der Januar-Prognose waren die Ökonomen der 190 Länder umfassenden Organisation lediglich von 5,5 Prozent ausgegangen.
Auch wenn es die Experten des Währungsfonds nicht explizit ansprechen – Deutschland bekommt die Quittung für politisches Missmanagement. Der IWF spricht in seiner Analyse diplomatisch lieber von gefährlich divergierenden Volkswirtschaften, weil der Impffortschritt nicht in allen Ländern im gleichen Tempo voranschreite und die Politik unterschiedlich auf die Krise reagiere.
Tatsächlich liegt Deutschland beim Impffortschritt deutlich hinter anderen Ländern, vor allem auch hinter Großbritannien zurück. Der britischen Wirtschaft trauen die IWF-Experten ein Plus von 5,3 Prozent zu, 0,8 Prozentpunkte mehr als noch in der Januar-Prognose.
6.2 Standort Deutschland, der kranke Mann Europas
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, untersucht die Ursachen der Schwäche der deutschen Wirtschaft und betrachtet speziell die Standortqualität. (20e) .
Die Erosion der Standortqualität Deutschlands beginnt sich zu rächen: Die Industrieproduktion fällt. Die Ursache liegt vor allem in der Auto-, Chemie- und Pharmaindustrie. Deutschland droht wieder zum Sorgenkind der Eurozone zu werden.
Als die deutsche Wirtschaft nach der Großen Finanzkrise wie Phönix aus der Asche stieg und die südlichen Länder der Währungsunion in die Staatsschuldenkrise rutschten, betrachteten immer mehr internationale Anleger Deutschland als einen ökonomischen Superstar, der wahre Wunder vollbringen kann.
Mittlerweile hat die optimistische Wahrnehmung Deutschlands ihren Höhepunkt überschritten. Das Blatt hat sich gewendet. Seit Mitte 2018 legt das deutsche Bruttoinlandsprodukts deutlich langsamer zu als im Rest des Euroraums; es ist im Vorquartalsvergleich sogar schon zwei Mal (Q3 2018 und Q2 2019) geschrumpft, und für das dritte Quartal zeichnet sich ein weiteres Minus ab, womit die Definition einer technischen Rezession für Deutschland erfüllt wäre.
6.2.1 Industrieproduktion fällt in Deutschland
Die unterdurchschnittliche Entwicklung ist besonders bei der Industrieproduktion sichtbar. Während sie sich im restlichen Euroraum seit dem Frühjahr 2018 tendenziell seitwärts entwickelt, ist sie in Deutschland deutlich gefallen. Das liegt an der rückläufigen Produktion dreier Branchen: der Auto-, Chemie- und Pharmaindustrie; ohne sie sinkt die Industrieproduktion in Deutschland ähnlich wie im Rest des Euroraums.
Global Insight, Commerzbank-Research: Unterdurchschnittliche Entwicklung der Industrieproduktion in Deutschland
Dass diese drei Branchen ihre Produktion in Deutschland überproportional gesenkt haben, liegt teilweise daran, dass sie Produktion ins europäische Ausland verlagert haben. Das lässt sich vor allem für die Autoindustrie zeigen. Während deutsche Autobauer ihre Produktion hierzulande seit Anfang 2018 zurückfahren, haben sie sie im europäischen Ausland weiter gesteigert, obwohl sich die Nachfrage gemessen an den Neuzulassungen dort deutlich schlechter entwickelt hat als in Deutschland. Als wichtige Zulieferbranche hat auch die Chemieindustrie ihre Produktion teilweise ins europäische Ausland verlegt. […]
6.2.2 Die Qualität des Standorts Deutschland wird immer schlechter
– Deutsche Unternehmen zahlen in der EU mit Abstand die höchsten Strompreise. Sie sind fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der EU. Das belastet besonders die Chemie-Industrie.
– Die Qualität der Verkehrsinfrastruktur ist in den zurückliegenden Jahren im Vergleich zu anderen EU-Ländern massiv gefallen. Verfügte Deutschland nach einer Umfrage der Weltbank vor zehn Jahren nach Frankreich über das zweitbeste Straßensystem des Euroraums, ist es mittlerweile hinter die Niederlande, Portugal und Österreich zurückgefallen.
– Die steuerliche Belastung eines mittelgroßen Industrieunternehmens ist in Deutschland mittlerweile viel höher als im Rest des Euroraums. Berücksichtigt man Steuerfreibeträge und sonstige Abzüge, führen deutsche Unternehmen der Weltbank zufolge 23 Prozent ihrer Gewinne an den Fiskus ab; das ist das doppelte des EU-Durchschnitts und 5,5 Prozentpunkte mehr als 2009.
– Der Fachkräftemangel behindert zunehmend die Unternehmen. Unsere Befragung deutscher Mittelständler ergab, dass 83 Prozent der Unternehmen Ausbildungsstellen nicht besetzen konnten, weil keine geeigneten Bewerber vorlagen. Das liegt vor allem an mangelnden Rechen- und Rechtschreibfähigkeiten und deutet auf massive Mängel im deutschen Schulwesen hin. Außerdem fehlen IT-Kräfte, ohne dass klar ist, ob das Fachkräfteeinwanderungsgesetz spürbar Abhilfe schaffen wird.“
6.3 Beschäftigungssituation in Deutschland zu Beginn 2021
6.3.1 Die tatsächliche Arbeitslosenquote
In einer Presseerklärung veröffentlichte die Agentur für Arbeit für den Monat April eine Arbeitslosenzahl von 2.771.000. Julian Marius Plutz, Manager in der Personaldienstleistungswirtschaft analysiert die Aussagekraft dieser Zahl (20f) :
„In den rund 2,7 Millionen Menschen sind lediglich die Arbeitslosen abgebildet, die im Sinne SGB II („Hartz IV Empfänger“) und SGB III (Personen in Fördermaßnahmen, Behinderte etc.) nicht erwerbstätig sind. Arbeitslose, die über 58 Jahre alt sind, werden in der Arbeitslosenzahl gar nicht berücksichtigt. Diese liegen bei 168.166 Personen. Diese, so wie Teilnehmer an Programmen zur Integration in den Arbeitsmarkt, Arbeitsunfähige sind laut den Statistikern der Agentur für Arbeit unterbeschäftigt. Sie sind arbeitlos, werden aber anders genannt. Im engeren Sinne unterbeschäftigt 3.543.427 Menschen, also 800.000 Arbeitslose mehr,[…].“
Als nächstes betrachtet Plutz die Bezieher von Arbeitslosengeld 1:
„Diese sind genauso ohne Arbeit – beziehen jedoch keine Sozialleistung, sondern Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, was aber am Umstand der Joblosigkeit nichts ändert. Laut Statista sind es 1,1 Millionen Personen, die unerwähnt bleiben.“[…]
Ein großes Thema in den letzten Monaten ist der Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG).[…]
Im Monatsbericht werden diese unter Unterbeschäftigung aufgeführt. Da die Meldung immer um zwei Monate verzögert stattfindet, sind lediglich die Zahlen von Februar 2021 verfügbar. Damals erhielten 2.176.000 Personen KUG. Um eine echte Arbeitslosenzahl zu nennen, müssen auch diese Personen genannt werden. […]
Daher habe ich entschlossen, nur zwei von drei Leistungsempfängern zu berücksichtigen. Diese Berechnung ist ein stückweit willkürlich und sicherlich nicht korrekt. Es erscheint mir aber korrekter zu sein, die Zahl kleiner zu halten, als sie ist – denn nicht alle Kurzarbeiter wären ohne KUG tatsächlich arbeitslos. 66 Prozent von 2,17 Millionen sind grob gerundet 1,45 Millionen, die ich zur echten Arbeitslosenzahl hinzufüge.
Gar nicht bewertet werden Zombieunternehmen. Das ist auch nicht möglich und wäre tatsächlich zu spekulativ. Laut verschiedener Schätzungen geht man von 500.000 bis 800.000 deutschen Unternehmen aus. […]
Auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet komme ich auf eine Arbeitslosenzahl von 6,09 Millionen. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 13,7 Prozent, die mehr als doppelt so hoch ist, wie die in den großen Medien besprochene Quote von 6 Prozent für den April 2021. Und die echte Quote von 13,7 Prozent dürfte um einiges höher ausfallen, wenn man Zombieunternehmen und gar nicht registrierte Arbeitslose hinzurechnet.“
6.3.2 Die Politik erschafft Zombieunternehmen
Zu der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen durch die zu erwartenden sehr große Zahl der bisher verschobenen Insolvenzen liest man im FOCUS (20g) :
„Insolvenzen später. Dies scheint das Motto der Bundesregierung während der Corona-Krise zu sein. Der deutschen Wirtschaft könnte diese Taktik jedoch stark zusetzen. Nämlich dann, wenn es durch die sogenannten Zombieunternehmen zu einer Kettenreaktion kommt, die eine riesige Pleitewelle auslöst.
Die von der Bundesregierung ausgesetzte Pflicht zur Meldung eines Insolvenzantrags führt laut Ansicht der Experten dazu, dass die Zahl verdeckt verschuldeter Firmen massiv steigt. Das berichtet die „Welt“. Die Auskunftei Creditreform schätzt die Zahl der deutschen Zombie-Unternehmen derzeit auf 550.000. Sollte die Insolvenzantragspflicht bis März 2021 ausgesetzt bleiben, so könnte sich die Zahl der Zombie-Unternehmen laut Creditreform auf 700.000 bis 800.000 erhöhen.
Die Pleitefirmen sind laut Experten sehr gefährlich für die deutsche Wirtschaft. „Die Lage verschlimmert sich von Tag zu Tag. Denn die Insolvenzen werden derzeit nur verschoben“, warnt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei der Auskunftei Creditreform gegenüber der „Welt“. „Dadurch könnten viele derzeit noch gesunde Firmen mit in den Abgrund gerissen werden.“ Das habe am Ende gravierende Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze“.
6.3.3 Entlassungen und Verantwortung der Politik
Der Volkswirt Roland Tichy schreibt (20h) :
[…]“Der Gewittersturm fegt allein bei Autoherstellern und Zulieferern zigtausende Jobs weg:
- BMW: 6.000
- Schaeffler: 4.500
- MAN: 9.000
- Daimler: 15.000
- ZF Friedrichshafen: 15.000
- Bosch: 2.000
- Mahle: 2.000
[…]Der Autozulieferer Continental macht das Reifenwerk in Aachen dicht, nachdem die Werke in Karben bei Frankfurt und Babenhausen geschlossen wurden; insgesamt 13.000 Stellen sollen wegfallen. In Frauenthal in Sachsen müssen beim Zulieferer MK 110 gehen. […]
Auch der Mittelstand rechnet mit verschärftem Stellenabbau in diesem Jahr:
40% der Unternehmen gehen von bis zu 10% weniger Mitarbeitern aus. Weitere 20% rechnen mit einem noch höherem Stellenabbau in ihrem Unternehmen.“
Zur Verantwortung der Politik schreibt Tichy weiter:
„Es hat übrigens nichts mit Corona zu tun. Es ist ein hausgemachtes Problem. „Das ist eine durch eine Verordnung der EU und die deutsche Umweltpolitik selbst fabrizierte Krise, die der deutschen Industrie bereits seit dem Sommer 2018 massiv zusetzt“, so der Ökonom Hans-Werner Sinn. „Das wird kein gutes Ende nehmen.“
[…] Umweltministerin Svenja Schulze unterstützt die Pläne der EU, die dann von Ursula von der Leyen verkündet wurden: Eine weitere Verschärfung der CO2-Werte, die faktisch einem Todesstoß für die Automobilwirtschaft gleichkommen. (Autor: Nov 2020, Entwurf der EU- Kommission). „Sollten die Pläne der Kommission Realität werden, dann bedeutet das das Ende des Automobilbaus in Deutschland, wie wir ihn heute kennen,“ bilanziert FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic.[…]
Es sind die Besserverdiener, die jetzt arbeitslos werden; vielfach besser bezahlt als Mediziner. Es sind jene, die längst den Spitzensteuersatz abdrücken und die Höchst-Beiträge zur Sozialversicherung leisten. Wenn sie jetzt arbeitslos werden, fallen sie als Zahler aus und wandern auf die Empfängerseite. Das Ausdünnen der Besserverdiener mag die freuen, für die Gleichheit mehr Gerechtigkeit bedeutet. Den Fiskus macht es arm. Mit Pizzaboten und Lieferando-Radfahrern, die Mindsteslohnbezieher sind, ist kein Sozialstaat zu machen; sie sind langfristig Leistungsempfänger, weil ihr Arbeitseinkommen später nicht für eine auskömmliche Rente im Alter reichen wird.“
Die Krise strahlt natürlich auf weitere Bereiche aus :
„Der Maschinenbauer Krones meldet 500 Entlassene, Bosch-Rexroth schließt im Saarland ein Hydraulik-Werk mit 150 Beschäftigten. Maschinenbaumechaniker, die hier auf die Straße gesetzt werden, kassieren bislang im Jahr im Schnitt knapp 40.000 Euro; das sind Gehälter, die mit ihren Abgaben den Staat mästen und den Sozialstaat finanzieren. German Naval Yards Kiel baut 200 Mitarbeiter ab, Heidelzement schließt ein Werk mit 90, bei der Schuhfabrik Kaiser in Pirmasens wanken 300 Jobs in die Insolvenz, in Freudenstadt kündigt der Anlagenbauer Robert Bürkle voraussichtlich 70 Mitarbeiter. Und nicht zu vergessen: Die Süddeutsche Zeitung, Merkels Haus- und Hofblatt, streicht 50 weit überdurchschnittlich bezahlte Redakteursstellen; der Abdruck von Regierungspressemitteilungen lässt sich schließlich auch mit weniger Personal erledigen.[…]
Berlin hat bemerkenswerte Pläne. Der Absatz von Elektro-Autos soll durch den Aufbau einer subventionierten Lade-Infrastruktur weiter angekurbelt werden. Dann zahlt der Staat doppelt: Einmal für die sensationell hohe Förderung von E-Autos mit bis zu 9.000 Euro, und zweitens das Arbeitslosengeld für die Entlassenen, die bisher Verbrenner-Autos bauten.[…]
Womit Altmaier Deutschland bedroht, das will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen EU-weit anrichten[…]
Nach der Autoindustrie hat sie sich insbesondere die Stahlindustrie vorgenommen. Bald soll es „grünen“ Stahl geben. […]
Wird Wasserstoff statt Koks eingesetzt, steigen die Produktionskosten von 400 Euro je Tonne auf vermutlich 600 Euro, dazu kommen Investitionen von rund 100 Milliarden Euro. Der Stromverbrauch würde sich fast verzehnfachen – eine absurde Vorstellung angesichts der zunehmenden Stromverknappung. […]
Thyssen würde damit vom Steuerzahler zum Subventionsempfänger. Und das vermutlich gerne: Mit Subventionen im Kreuz ist Management schließlich ganz einfach – Betteln beim Staat ersetzt Arbeit, Forschung, Marketing. Andere Industrien haben das schon vorgemacht. E.on und RWE, einst Riesen-Konzerne, die Strom produzierten, leben heute von den Subventionen aus dem Riesentopf der Umlage für Erneuerbare Energien und vermarkten die Stilllegung ihrer Kohlekraftwerke. Auch dafür gibt es im Kohlekompromiss rund 30 Milliarden Euro; dazu kommen Stillegungsprämien und Bereitstellungskostenersatz. Nicht-Mehr-Produktion ist das neue Ziel des Managements; aber das höchst profitabel.“
6.4 Die Deindustrialisierung, Rolle von Politik und Medien
6.4.1 Die Transformation in eine Scheinwirtschaft
Zur These, dass die Arbeitsplätze der zerstörten Industrie durch die Vielzahl der Beschäftigungen in der zukünftigen nachhaltigen Wirtschaft kompensiert werden, schreibt Roland Tichy (20h) :
„Das ist die neue Ökonomische Lehre der neuen deutschen und bald europaweiten Scheinwirtschaft: Unternehmen werden dazu verdonnert, Produkte herzustellen, die zu teuer sind und damit nicht verkauft werden können. Grüner Strom, grüner Stahl, grüne Autos. Um den Scheinabsatz anzukurbeln und die Scheinbeschäftigung aufrecht zu erhalten, werden frische Scheine von der Europäischen Zentralbank gedruckt oder Steuern und neue Abgaben erhoben. Mit der Verlängerung der Kurzarbeit wird auch die Scheinbeschäftigung zur Norm: Arbeitnehmer erhalten ihr Gehalt, aber arbeiten nicht. […]
Die grüne Verbotswirtschaft nach EU-Reglement lähmt jeden Produzenten und blockiert die Erzeugung eines Angebots, auf das Konsumenten zugreifen wollen. Zwischen Angebot und Nachfrage wird ein Keil geschlagen, eine unüberbrückbare Kluft. Sie ist mit neuen Staatsdefiziten nicht zu überbrücken.
In der Scheinwirtschaft sollen für E-Autos eine Million Ladestellen entstehen oder 10 Terrawattstunden Strom für grünen Stahl verbraucht werden; wo der Strom dafür herkommen soll, wenn immer mehr Kraftwerke abgeschaltet werden, interessiert nicht einmal ansatzweise.
Ihre Scheinwirtschaft ist nichts anderes als das Jonglieren mit Buzzwords, wie Digitalisierung oder autonomes Fahren. Früher waren dafür Unternehmen zuständig; jetzt Peter Altmaiers Ministerium oder die EU-Kommission. Sie entwerfen auf viel Papier die neue Scheinwirtschaft.“
6.4.2 Freude an der Selbstzerstörung
Die Schweizer NZZ titelt: Freude an Selbstzerstörung statt Freude am Fahren – Deutschland zerlegt seine Autoindustrie (20i)
„Freude an Selbstzerstörung statt Freude am Fahren? In Deutschland ist eine Treibjagd gegen die eigene Spitzenindustrie im Gang, wie sie wohl in fast keinem anderen Land möglich wäre. In der Diskussion über Manipulationen der Abgaswerte, die Vor- und Nachteile der Dieseltechnologie und mögliche Fahrverbote ist längst jedes Maß und jede Vernunft verloren gegangen. Man könnte meinen, Politik und Medien hätten sich vorgenommen, die Autobranche möglichst schwer zu beschädigen. Dabei steht Deutschlands Vorzeigesektor für 8 Prozent der Wirtschaftsleistung, beschäftigt direkt 820.000 und indirekt sogar 1,8 Millionen Menschen – von assoziierten Arbeitsplätzen ganz zu schweigen. In den Diskussionen finden Kosten und Nutzen von Maßnahmen viel zu wenig Beachtung: Es fehlen die Preisschilder. Kampf gegen das Auto – koste es, was es wolle?
Politik wusste wohl genau, was gelaufen ist
Volkswagen hat zwar betrogen, doch alle anderen Hersteller haben sich – nach heutigem Wissensstand – an die geltenden Regeln und die herrschende Praxis gehalten. Die Fahrzeuge von BMW, Daimler, Opel und vielen anderen wurden regulär zugelassen. Dabei war weit über die Autobranche hinaus bekannt, dass die Autos die Abgasemissionen ebenso wie die Verbrauchswerte lediglich unter idealen Bedingungen auf dem Prüfstand erfüllen (müssen) und die Werte im realen Fahrbetrieb massiv höher liegen.
Auch die Reduktion der Abgasreinigung unter gewissen Bedingungen war bekannt. Beides haben Politik, Medien und Öffentlichkeit über Jahrzehnte toleriert – und die Autohersteller haben sich gemeinsame Sache machend in dieser Praxis zu bequem eingerichtet. Dabei hätten die Konzerne schon viel früher damit beginnen müssen, in beiden Bereichen Verbesserungen zu erzielen. Doch das hätte die Rendite geschmälert, was die Manager scheuten. Stattdessen lassen sich Daimler , BMW, Opel und andere bis heute von Politikern und Journalisten als Betrüger beschimpfen, ohne sich dagegen zu wehren.[…]“
6.4.3 Die Taxonomie – wieder lässt die deutsche Politik die Industrie im Stich
In der Welt beschreibt Tobias Kaiser wie das deutsche Umweltministerium den Verbrennermotor verbieten will, selbst wenn er mit alternativen synthetischen, also CO2 freien Kraftstoffen betrieben wird .(20j)
„In Brüssel drohen derzeit grundlegende Interessen der deutschen Wirtschaft unter die Räder zu geraten, weil sich die Bundesregierung nicht auf eine gemeinsame Position zu EU-Vorschlägen einigen kann.
Die sogenannte Taxonomie, eine Art grüne Bibel, wird in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen, wohin Milliarden von Investitionen fließen werden. Sie soll festlegen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten aus Klimagesichtspunkten nachhaltig sind – und welche nicht. Es geht um die Zukunft ganzer Industrien. Und auch um Deutschlands Energieversorgung.[…]
Trotz der Tragweite der Pläne nutzte die Bundesregierung ihre Möglichkeit nicht, das Vorhaben zu beeinflussen. Die Kommission hat die nationalen Regierungen aufgefordert, zu ihren Plänen Stellung zu nehmen – wenngleich mit einer kurzen Frist von fünf Arbeitstagen. Die Antwort der Regierung vom 26. März liegt WELT AM SONNTAG vor. Sie zeigt, dass der Bund bei ganz zentralen Themen für die deutsche Wirtschaft keine Position beziehen konnte. […]
Etwa beim Verbrennungsmotor: Laut Entwurf gilt die Herstellung und das Fahren von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab 2026 als nicht mehr nachhaltig. Nur noch Autos, die kein CO2 ausstoßen, sollen demnach als klimafreundlich gelten.
Das Bundesverkehrsministerium wollte offenbar die Methodik so ändern, dass auch Verbrennungsmotoren darunter fallen, die mit alternativen CO2-freien oder -armen synthetischen Brennstoffen betrieben werden. Das soll das Umweltministerium abgeblockt haben. Das Ergebnis: Zu den Kommissionsvorschlägen in diesem Punkt kommt ausgerechnet aus Deutschland, wo die Autoindustrie der wichtigste Wirtschaftszweig ist, kein Kommentar.[…]
Von ähnlicher Tragweite sind die geplanten Vorschriften für Gaskraftwerke. So gilt die Stromerzeugung im Sinne der EU nur als nachhaltig, wenn nicht mehr als 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunde anfallen. Selbst hocheffiziente, moderne Erdgas-Kraftwerke produzieren aber doppelt so viel CO2. Auch in diesem Fall hat die Bundesregierung die Pläne nicht kommentiert, obwohl Deutschland sowohl aus Kohle und Kernkraft aussteigen wird und zumindest mittelfristig Erdgas als Brückentechnologie brauchen wird.
Die Lähmung der Bundesregierung in diesen und anderen Fragen sorgt auch im Europäischen Parlament für Befremden. „Wir sind das Land in Europa, das durch den gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle und Kernkraft am dringendsten Erdgas als Brückentechnologie für die Grundlast und für Wasserstoffbeimischungen braucht“, sagt Markus Pieper, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament[…]“
6.5 Deutschland, ein Sanierungsfall
Die Welt am Sonntag interviewte Wolfgang Reitzle, in seiner Karriere Topmanager in der Autoindustrie und beim Gas-und Technikkonzern Linde zur Lage der deutschen Politik und Industrie (20k).
„WELT AM SONNTAG: Herr Reitzle, die Corona-Krise hat viele Deutsche ihrer Illusionen über diese Republik beraubt. Sie erkennen ein Land nicht wieder, das sie für fortschrittlich, organisiert, digitalisiert und gut geführt hielten. War das moderne Deutschland ein Trugbild?
Wolfgang Reitzle: Anzeichen dafür, dass in Deutschland eine Diskrepanz zwischen Schein und Wirklichkeit besteht, gab es schon zahlreiche: Dass trotz eines Verteidigungshaushaltes von 47 Milliarden Euro Gewehre nicht schießen, Panzer nicht fahren und Flugzeuge nicht fliegen, scheint bei uns niemanden mehr aufzuregen – wird aber in anderen Ländern wohl registriert. Die Unfähigkeit, einen Flughafen für unsere Hauptstadt zu bauen, hat die ganze Welt erstaunt.
[…]Berlin ist heute eine der wohl am schlechtesten regierten Hauptstädte Europas. Das Wegschauen bei Kriminalität, das Zulassen von Hausbesetzungen und die Ausbreitung der Klankriminalität – wo immer man hinschaut: Berlin ist eine dysfunktionale Stadt, ein failed state. Und der für das Versagen verantwortliche Bürgermeister Müller ist seit Monaten täglich in den Medien präsent und erklärt uns, wie Corona-Management geht.[…]
Nach fast 16 Jahren Merkel ist Deutschland in vielen Bereichen ein Sanierungsfall: Bürokratie im Faxzeitalter stecken geblieben, Digitalisierungsrückstand, kein schnelles Internet, massive Mängel in der Infrastruktur und marode Schulen sind nur einige Beispiele für Defizite, die für ein führendes Industrieland beschämend sind.
[…]die Merkel-Jahre sind ein Beispiel dafür, dass es besser wäre, Spitzenmandate auf zehn Jahre zu begrenzen. Das wäre aus meiner Sicht auch für die Wirtschaft überlegenswert.
[…]Unabhängig davon, dass man die elementarste Voraussetzung für eine Pandemiebekämpfung – nämlich ausreichend Impfstoff zur Verfügung zu haben – europaweit nicht erfüllen konnte, hat man sich auf eine als gerecht empfundene Impfreihenfolge verständigt, die man ausschließlich über Impfzentren umsetzen wollte. Aber gerade hier fragt man sich doch, weshalb nicht von Anfang an die über 100.000 niedergelassenen Ärzte als dezentrale Impfstationen genutzt wurden.
[…]Wenn ein Land seine stark ausgeprägte Gerechtigkeitshaltung mit Priorität durchsetzen will, dann kann die Pandemiebekämpfung nicht funktionieren. Der Staat beansprucht die Totalkontrolle über das Impfen und versagt kläglich – wie immer, wenn es um Effizienz und Geschwindigkeit geht. Unnötig viele Menschen sterben wegen der Unfähigkeit unseres überregulierten Behördenapparates.[…]
Wir brauchen eine neue, ideologiefreie Energie- und Mobilitätspolitik.
Jedenfalls gibt es keine Technologie-Offenheit mehr. Bei Mobilität etwa geht es nur vordergründig ums Klima – in Wirklichkeit wollen Grünen-Politiker und sympathisierende Journalisten alternativlos batteriegetriebene Elektroautos durchsetzen und den Verbrennungsmotor mit einem Verfallsdatum versehen.
Der Verbrennungsmotor scheint an sich etwas Böses zu sein. Da muss dann schon die Frage erlaubt sein, ob es den Grünen wirklich ums Klima geht oder vielmehr um die Durchsetzung der von ihnen favorisierten Technologie. E-Autos werden natürlich die Zukunft sein – aber noch ist der Betrieb eines Elektrofahrzeugs in Deutschland klimaschädlicher als das Fahren eines modernen Diesels: Der deutsche Strom ist einfach zu schmutzig, weil ein hoher Anteil des Stroms in Gas- und Kohlekraftwerken erzeugt wird. Und die CO2-freie Kernenergie wird ja in Kürze verschwinden.
[…]. Aber woher soll der „grüne“ Strom kommen? Mit all den Milliarden an Subventionen haben wir heute in Deutschland 125 Gigawatt installierte Kapazität an erneuerbarer Energie, was aber lange nicht heißt, dass diese Menge an grünem Strom bei Windstille oder nachts auch erzeugt werden kann. Um die geforderte Elektrifizierung sämtlicher Sektoren möglich zu machen, müssten die 125 Gigawatt bis 2050 auf 3000 Gigawatt ausgebaut werden – dafür müsste man 330.000 Windräder errichten, die ein Viertel Deutschlands bedecken würden! Also wird man am Ende den Strom dann aus nicht-regenerativen Kraftwerken oder aus Atommeilern anderer Länder beschaffen – was für eine scheinheilige Energiepolitik.“